Was ist ein Short Selling? Definition und Erklärung

Was ist ein Short Selling? Definition und Erklärung

Hast Du schon mal gehört, dass man an der Börse auch dann Geld verdienen kann, wenn die Kurse fallen? Klingt erstmal verrückt – ist aber möglich. Die Strategie dahinter heißt Short Selling, auf Deutsch: Leerverkauf. Und genau darum geht es in diesem Artikel.

Immer mehr private Anleger interessieren sich für komplexe Strategien wie Short Selling, um bei der Geldanlage flexibler und unabhängiger von Markttrends zu agieren. Profis wie Hedgefonds nutzen es täglich, doch gerade für Einsteiger kann der Einstieg in diese Welt ziemlich holprig sein. Mit ein paar gut verständlichen Beispielen und einem klaren Blick auf Chancen und Risiken lässt sich das Thema aber leicht durchdringen.

In den nächsten Minuten erfährst Du, was ein Leerverkauf überhaupt ist, wie er funktioniert – und warum dabei Vorsicht geboten ist. Wir werfen auch einen Blick auf gesetzliche Vorgaben, die Rolle der BaFin, Unterschiede zwischen gedeckten und ungedeckten Leerverkäufen und zeigen Dir, wie Du als Anfänger sicher erste Schritte wagen kannst. Ganz egal, ob Du nur neugierig bist oder ernsthaft überlegst, Short Selling in Deine Strategie aufzunehmen – hier bekommst Du das nötige Rüstzeug.

Das Wichtigste in Kürze

  •  Ein Leerverkauf bedeutet, dass Du auf fallende Kurse setzt: Du „leihst“ Dir Aktien, verkaufst sie sofort und hoffst, sie später günstiger zurückzukaufen – der Gewinn liegt in der Kursdifferenz.

  •  Short Selling birgt erhebliche Risiken: Im Gegensatz zu Long-Positionen sind die Verluste nach oben theoretisch unbegrenzt, deshalb ist ein gutes Risikomanagement entscheidend.

  •  In Deutschland überwacht die BaFin Leerverkäufe streng – ab einem Netto-Anteil von 0,2 % an einem Unternehmen musst Du Deine Position offiziell melden (Quelle: BaFin).

Was steckt eigentlich hinter dem Begriff "Short Selling"?

Ganz simpel ausgedrückt: Beim Short Selling – also beim Leerverkauf – spekulierst Du auf fallende Kurse. Im Gegensatz zur klassischen Strategie des Kaufens und Haltens (Long-Position), bei der Du hoffst, dass ein Wertpapier im Kurs steigt, setzt Du beim Short auf das Gegenteil. Du profitierst, wenn der Aktienkurs fällt.

Damit das funktioniert, musst Du Dir die betreffenden Wertpapiere zunächst leihen. Das passiert in der Regel über Deinen Broker, der die Aktien von institutionellen Anlegern organisiert – etwa von Pensionsfonds, Investmentgesellschaften oder Banken, die große Bestände an Aktien halten. Ziel ist es, diese geliehenen Aktien zum derzeit hohen Kurs zu verkaufen. Sobald der Kurs fällt, kaufst Du sie günstiger zurück und gibst sie dem ursprünglichen Besitzer wieder zurück.

Der Gewinn entsteht also aus der Differenz zwischen Verkaufs- und Rückkaufkurs, abzüglich Leihgebühren, Handelskosten und gegebenenfalls Steuern. Dabei ist wichtig zu wissen: Als Leihnehmer musst Du dem Verleiher entgangene Dividenden ersetzen, falls während Deines Shorts Dividenden ausgeschüttet werden. Dieser Mechanismus macht das Short Selling komplexer als langfristiges Investieren. Zudem fallen Zinsen auf das geliehene Kapital an, besonders bei längerer Haltedauer der Short-Position.

Das größte Risiko beim Short Selling besteht darin, dass Dein potenzieller Verlust theoretisch unbegrenzt ist. Denn während ein Kurs nur bis auf null sinken kann, gibt es nach oben kein Limit. Steigt die Aktie stark – etwa durch eine positive Unternehmensmeldung oder eine Marktbewegung – wird Deine Rückkaufverpflichtung entsprechend teurer. Deshalb ist professionelles Risikomanagement mit Stop-Loss-Strategien hier besonders wichtig. Ohne einen klar definierten Ausstiegspunkt kann ein Short Trade sehr schnell zu einer finanziellen Belastung werden.

Welche Regeln gelten für Leerverkäufe – und wie hat sich das entwickelt?

Leerverkäufe gibt es nicht erst seit der Moderne – tatsächlich ist ihre Geschichte mehrere Jahrhunderte alt. Bereits im 17. Jahrhundert soll der niederländische Händler Isaac Le Maire als einer der ersten Short Seller aufgetreten sein. Besonders in wirtschaftlichen Krisenzeiten – etwa während der Großen Depression oder in der Finanzkrise 2008 – wurden Leerverkäufe viel diskutiert und teilweise sogar verboten. Der Grund: Viele Kritiker warfen Short Sellern vor, absichtlich Druck auf Aktien auszuüben und Panik zu schüren, um von sinkenden Kursen zu profitieren.

In der heutigen regulatorischen Umgebung sind Leerverkäufe in vielen Ländern rechtlich geregelt – auch in der Europäischen Union. Dort gilt seit dem 1. November 2012 die EU-Short-Selling-Verordnung (Reg. Nr. 236/2012), welche einheitliche Vorgaben für Transparenz, Risikoabsicherung und Positionsmeldung festlegt. Das Hauptziel: Marktstabilität sicherstellen und Manipulationen durch übertriebene Short-Positionen verhindern.

Für Deutschland übernimmt die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) die Aufsicht. Sie verlangt, dass Leerverkäufer ihre Positionen melden, sobald bestimmte Schwellenwerte überschritten werden:

  • Ab einer Netto-Leerverkaufsposition von 0,2 % des Gesamtaktienbestands muss eine vertrauliche Meldung an die BaFin erfolgen.
  • Ab 0,5 % erfolgt zusätzlich eine Veröffentlichung im öffentlichen Leerverkaufsregister.

Diese Offenlegungspflichten sorgen für mehr Transparenz. Gleichzeitig können andere Marktteilnehmer abschätzen, ob besonders viele institutionelle Anleger gegen ein Unternehmen wetten – ein wichtiges Warnsignal für Investoren. Die BaFin überprüft dabei besonders, ob Leerverkäufer auch tatsächlich in der Lage sind, ihre Verpflichtungen zu erfüllen – etwa durch Vorlage eines sogenannten "Locate", also des Nachweises, dass die verkauften Aktien tatsächlich beschafft werden können.

Besonders wichtig: Die EU verbietet ungedeckte Leerverkäufe, auch bekannt als naked short selling. Doch was heißt das in der Praxis?

Was ist der Unterschied zwischen gedeckten und ungedeckten Leerverkäufen?

Es existieren zwei Formen des Short Sellings – und sie sind rechtlich grundverschieden. Als Einsteiger solltest Du unbedingt den Unterschied kennen, denn nur eine dieser Varianten ist gesetzlich erlaubt.

Gedeckter Leerverkauf (covered short selling) bedeutet, dass Du die betreffenden Aktien vor dem Verkauf aktiv organisiert bzw. geliehen hast. Dieser Prozess ist standardisiert und wird über Broker ordnungsgemäß abgewickelt. Du bist also in der Lage, Deine Lieferverpflichtung am Fälligkeitstag einzuhalten. Diese Form ist in Deutschland legal und die Grundlage für alle privaten Shorts.

Ungedeckter Leerverkauf (naked short selling) hingegen bedeutet, dass Du Aktien verkaufst, die Du noch gar nicht geliehen hast. Du gehst davon aus, dass Du sie rechtzeitig besorgen kannst, bevor Du sie zurückgeben musst. Diese Praxis wurde vielfach kritisiert, da sie Marktverwerfungen begünstigt: Die theoretische Möglichkeit, unbegrenzt viele Aktien zu verkaufen, die eigentlich gar nicht da sind, kann Kurse künstlich nach unten treiben. Aus diesem Grund sind ungedeckte Leerverkäufe in der EU seit 2012 komplett verboten.

Für Dich als Einsteiger bedeutet das: Du kannst (und darfst) ausschließlich gedeckt shorten – und auch nur dann, wenn Dein Broker dies unterstützt und Du Zugang zu den entsprechenden Instrumenten hast. Achte darauf, dass Dein Broker das Thema professionell behandelt und Dir Informationen zu Margin-Anforderungen und Sicherheiten transparent zur Verfügung stellt.

Wie funktioniert ein Leerverkauf in der Praxis?

Ein praktisches Beispiel verdeutlicht, wie Short Selling konkret abläuft. Stell Dir vor, Du verfolgst schon seit Wochen die Entwicklung der Aktie von Unternehmen X. Du erkennst anhand von Quartalszahlen und fundamentaler Analyse, dass der Gewinn sinkt, der Wettbewerb zunimmt und ein Negativtrend begonnen hat. Du erwartest einen weiteren Kursrückgang in den nächsten Tagen.

  1. Du kontaktierst Deinen Broker und leihst Dir 100 Aktien von Unternehmen X, das aktuell bei 50 € pro Aktie notiert.
  2. Die geliehenen Aktien verkaufst Du sofort am Markt – und erhältst dafür 5.000 €.
  3. Drei Tage später fällt der Aktienkurs auf 40 €. Du kaufst die 100 Aktien zurück – diesmal nur für 4.000 €.
  4. Die zurückgekauften Aktien gibst Du an den Verleiher zurück. Dein Bruttogewinn: 1.000 €.

Von diesem Betrag werden jetzt noch die Transaktionskosten, Leihgebühren und ggf. Ersatzzahlungen für Dividenden abgezogen. Der Nettoertrag hängt also stark von Haltezeit und Brokerkonditionen ab.

Doch Vorsicht: Hättest Du Dich geirrt – und die Aktie wäre auf 60 € gestiegen – müsstest Du die Aktien für 6.000 € zurückkaufen. Dein Verlust: 1.000 €. Und je länger Du wartest, desto größer die potenziellen Verluste – deshalb sind eine präzise Analyse und Risikobegrenzung unabdingbar.

Ein berühmter historischer Fall ist der Volkswagen-Short im Jahr 2008: Hedgefonds, die gegen VW wetteten, wurden auf dem falschen Fuß erwischt, als plötzlich Porsche eine Übernahme ankündigte – der Kurs explodierte. Der resultierende sogenannte Short Squeeze führte zu Milliardenverlusten für die Short-Seller.

Wo liegen die Chancen – und wo die Gefahren?

Short Selling kann eine wertvolle Strategie sein, wenn man die Marktdynamik richtig interpretiert. Es ist nicht nur eine Methode zur Spekulation auf Kursverluste, sondern auch ein Instrument zur Absicherung (Hedging). Doch wie bei jedem Finanzinstrument gilt: Die Chancen sind reizvoll – aber nicht ohne Risiken.

Chancen beim Short Selling:

  • Gewinne in Baisse-Phasen: Wenn die Märkte fallen, kannst Du mit Short Selling Rendite erzielen, während Long-Positionen Verluste schreiben.
  • Absicherung von Portfolios: Viele institutionelle Investoren nutzen Shorts, um Long-Bestände abzusichern – etwa bei politischer Unsicherheit oder Rezessionsängsten.
  • Flexibilität und Diversifikation: Du kannst Dein Portfolio breiter aufstellen und auf verschiedene Marktphasen reagieren. Shorting ermöglicht Dir eine gezielte Meinung zu einem Unternehmen umzusetzen – in beide Richtungen.

Risiken beim Short Selling:

  • Theoretisch unbegrenzte Verluste: Eine Aktie kann ins Unendliche steigen – Deine Verlustgrenze ist damit nach oben offen.
  • Short Squeeze: Besonders gefährlich wird es, wenn viele Marktteilnehmer short sind – und der Kurs plötzlich steigt. Um Verluste zu vermeiden, müssen alle gleichzeitig zurückkaufen – mit drastischen Kurssteigerungen zur Folge.
  • Hohe Leihgebühren & Dividendenersatz: Das Halten einer Short-Position kann teuer werden – insbesondere bei illiquiden Aktien. Je knapper die geliehenen Papiere, desto teurer die Leihe.
  • Emotionale Belastung: Short Trades wirken gegen menschliche Intuition. Gewinne durch fallende Kurse zu erzielen, erzeugt bei vielen Tradern Stress, da Zeitdruck und Unsicherheit groß sind.

Ein Tipp aus jahrelanger Erfahrung: Sogenannte „Hype-Aktien“ eignen sich selten für Shorts. Sie stehen unter starker öffentlicher Beobachtung, sind oft extrem volatil – und bergen aus psychologischer Sicht hohe Risiken. Analysiere immer gründlich!

Wie kannst Du als Einsteiger sicher erste Schritte machen?

Short Selling kann verlockend sein – aber Du solltest mit Vorsicht und Planung an die Sache herangehen. Hier sind konkrete Empfehlungen für Einsteiger:

  1. Starte mit einem Demokonto: Nutze ein kostenloses Testkonto bei einem seriösen Broker, um reale Kurse zu handeln – aber ohne Kapitalrisiko. Entdecke, wie sich Kursverläufe bei negativen Unternehmensnachrichten entwickeln und analysiere Deine Entscheidungen nach jedem Trade.

  2. Studiere Fallbeispiele: Schau Dir reale Beispiele wie den Wirecard-Skandal oder GameStop 2021 an. Beide zeigen eindrucksvoll, wie mächtig oder destruktiv Shorts sein können. Analysiere, was klug oder fatal war.

  3. Wähle den richtigen Broker: Nicht jeder Anbieter bietet Short Selling an, vor allem im CFD-, Derivate- oder Aktienbereich. Achte auf Gebühren, Verfügbarkeit von Margin-Konten und ob Du Zugriff auf geshortete Titel bekommst.

  4. Nutze Stop-Loss und Positionsgrößen-Management: Definiere von Anfang an, wieviel Verlust Du maximal akzeptierst. Setze Stop-Loss-Marken konsequent – und überschreite nie den Prozentsatz Deines Portfolios, den Du für Shorts eingeplant hast.

  5. Arbeite mit technischer Analyse: Nutze Charttechnik, gleitende Durchschnitte oder RSI-Indikatoren, um mögliche Einstiegspunkte zu identifizieren. Short Selling lässt sich durch technische Anzeichen wie Trendbrüche oder Topsysteme unterstützen.

  6. Achte auf Marktumfeld und Stimmung: Shorts funktionieren meist besonders gut in schwachen Märkten oder bei Sektoren, die unter Druck stehen. Verfolge wirtschaftliche Entwicklungen und Branchennews, um sinnvolle Titel zu identifizieren.

  7. Trainiere Deine Disziplin: Emotionales Handeln wird bei Short-Positionen besonders gefährlich. Lerne, rationale Entscheidungen zu treffen – unabhängig von Marktgerüchten, Hypes oder Social Media.

Fazit: Short Selling ist kein Spiel – aber ein Werkzeug

Short Selling ist wie ein scharfes Messer in der Küche: In den falschen Händen ist es gefährlich. In den richtigen: extrem hilfreich. Du hast in diesem Artikel gelernt, was ein Leerverkauf ist, wie er technisch funktioniert und welche Chancen (aber auch Risiken) damit verbunden sind.

Für Dich als Einsteiger gilt: Starte vorsichtig mit einem Demokonto, bilde Dich kontinuierlich weiter, verstehe die rechtlichen Rahmenbedingungen – und arbeite konsequent mit Risikobegrenzung. Leerverkäufe sind kein Ort für Emotionen oder Bauchgefühle – sondern für gezielte Aktienanalysen, Disziplin und technisches Verständnis. Wenn Du das beherzigst, kann Short Selling ein wertvolles Werkzeug in Deinem Finanzbaukasten werden – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Was meinst Du – wäre das eine Strategie, die Du in Deinem Portfolio nutzen würdest? Schreib’s uns gern in die Kommentare oder diskutiere mit uns auf Social Media!

Erik Freutel

Ich bin Erik Freutel und blogge jetzt! Hier schreibe ich aus der Sicht eines Wirtschaftsmathematikers, Börseninteressierten und Online-Marketers über meine Erfahrungen und Interessen als Unternehmer und Investor.