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Was ist Rollkosten? Definition und Erklärung

Erik Freutel, Wirtschaftsmathematiker & Trader seit 2012

Zuletzt überprüft am 1. September 2025

Was ist Rollkosten? Definition und Erklärung

Rollkosten (englisch: Roll Yield oder Roll Costs) entstehen beim „Rollen“ von Futures und beeinflussen direkt die Rendite – je nach Marktlage können sie entweder einen Verlust oder sogar einen kleinen Gewinn bedeuten. Besonders bei Rohstoffen und ETFs ein entscheidender Faktor.

Wenn Du schon einmal in Rohstoffe wie Öl, Weizen oder Edelmetalle investiert hast – sei es direkt über Futures oder indirekt über Zertifikate oder ETFs –, bist Du mit großer Wahrscheinlichkeit bereits mit Rollkosten in Berührung gekommen, ohne es zu merken. Rollkosten gehören zu den unsichtbaren Faktoren, die langfristig Deine Rendite leise, aber spürbar beeinflussen können. Je nachdem, wie sich die Terminmarktstruktur darstellt – Stichworte: Contango und Backwardation – rollen Anleger in teurere oder günstigere Kontrakte. Das hat Folgen.

Besonders bei Rohstoff-Investments wird durch das regelmäßige „Rollen“ von Futures – also dem Verkauf eines auslaufenden Kontrakts und dem Kauf eines länger laufenden – ein Preisunterschied realisiert. Dieser sogenannte Rolleffekt kann negativ (Rollverlust) oder positiv (Rollgewinn) ausfallen. Und genau hier liegen oft die Stolpersteine für Privatanleger: Während der Future-Markt nach oben läuft, frisst der Rollverlust im Hintergrund die mühsam erzielte Performance leise auf.

In diesem Artikel zeige ich Dir anhand von verständlichen Beispielen, wie Rollkosten entstehen, wie sie Deine Investments beeinflussen – besonders bei Rohstoffen und Index-Zertifikaten – und mit welchen Strategien Du sie erkennen, verstehen und gezielt minimieren kannst.

Das Wichtigste in Kürze

  • Rollkosten sind versteckte Kosten, die beim Austausch eines auslaufenden Future-Kontrakts gegen einen neuen Kontrakt entstehen. Sie treten je nach Marktumfeld auf und können Deine Rendite erheblich belasten.
  • Besonders bei Rohstoffen sind Rollkosten ein konstanter Begleiter: Läuft ein Rohstoff-ETF in einem Contango-Markt, verliert er Jahr für Jahr Performance – und das ganz ohne sichtbare Kursverluste.
  • Wer weiß, was Contango und Backwardation bedeuten, und Produkte mit cleveren Rollstrategien gezielt auswählt, kann Rollverluste deutlich senken – etwa durch rolloptimierte ETFs, geschicktes Timing oder eine bewusste Ausweichstrategie auf physisch gedeckte Produkte.

Wie wirken sich Rollkosten in der Praxis aus?

Damit Rollkosten nicht wie ein abstrakter Finanzbegriff aus dem Lehrbuch klingen, schauen wir uns ein leicht verständliches Beispiel an – ideal für alle, die Rollkosten für Anfänger begreifen möchten.

Stell Dir vor, Du investierst über einen ETF oder ein Rohstoffzertifikat in Rohöl, beispielsweise Brent Crude. Diese Produkte bilden den Preis fast immer über Futures-Kontrakte ab – denn physisches Öl zu lagern ist schlichtweg unpraktisch (von illegal ganz zu schweigen).

Ein solcher Future läuft typischerweise einen Monat. Dann muss das Produkt gerollt werden – sprich: Der aktuelle Kontrakt wird verkauft und ein neuer, mit späterem Ablaufdatum, wird gekauft. Nehmen wir an, der aktuelle Kontrakt kostet 70 US-Dollar. Doch der nächste ist teurer – bei 72 Dollar. Das zukünftige Investment kostet also zwei Dollar mehr. Genau dieser Unterschied sind Deine Rollkosten. Der Markt befindet sich dann im Contango – eine Phase, in der der Markt „nach oben verzerrt“ ist. Und den Preisunterschied zahlst Du indirekt mit.

Liegt der nächste Kontrakt dagegen niedriger, etwa bei 69 Dollar, springt ein kleiner Rollgewinn für Dich heraus. Diese freundliche Marktphase nennt sich Backwardation. Klingt sperrig, ist aber bares Geld wert.

Und das betrifft nicht nur Rohstoffe. Auch beim DAX-Future sieht die Lage ähnlich aus: Wenn Du investiert bleibst, während der Kontrakt ausläuft, wird automatisch gerollt – und auch hier können Rollverluste auftreten, wenn der neue Kontrakt teurer ist. Die Kurse steigen, und Du fragst Dich, warum sich im Depot nichts bewegt? Oft ist das der leise, unerwartete Effekt fehlgeleiteter Rollvorgänge.

Was genau sind Rollkosten im Detail?

Rollkosten sind die Konsequenz daraus, dass Futures ein Ablaufdatum haben. Wer investiert bleiben möchte, muss handeln – das heißt: verkaufen und neu kaufen. Der Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Preis bestimmt, ob Du dabei einen Rollverlust einfährst oder einen kleinen Gewinn mitnimmst. Und das passiert nicht etwa einmalig, sondern regelmäßig – je nachdem wie oft Dein Produkt rollt. Das können monatliche Zyklen sein, wie bei vielen Rohstoff-ETFs, oder vierteljährliche bei Indexprodukten.

Das Besondere: Rollkosten sind keine festen Gebühren wie ein Spread oder eine Depotgebühr. Sie sind vielmehr ein Preisunterschied, den der Markt vorgibt – quasi ein stiller Kostenpunkt, der gerne in der zweiten Reihe bleibt. Je nach Marktstruktur – also ob Contango oder Backwardation vorherrscht – beeinflusst dieser Effekt direkt Deine Performance.

Der Grund für diesen Preisunterschied liegt in der Terminstruktur des Markts. Futures beziehen ihren Wert aus dem erwarteten zukünftigen Preis – und dieser kann über oder unter dem aktuellen Kassapreis liegen. Heißt konkret: In einem Contango-Markt bezahlst Du für die Verlängerung Deiner Position drauf. In einem Backwardation-Markt wirst Du belohnt. Das klingt technisch – macht aber den Unterschied zwischen Gewinn und Enttäuschung im Depot.

Wie funktioniert das Rollen von Futures ganz konkret?

Das Prinzip ist simpel, aber tückisch: Wenn ein Kontrakt kurz vor dem Ablauf steht, wird er glattgestellt – und gleichzeitig wird der nächste Futures-Kontrakt gekauft. Das klingt wie ein unspektakulärer Tausch, hat aber massive Auswirkungen.

Bei Index-Futures wie dem DAX oder dem US-amerikanischen S&P 500 passiert dieser Vorgang in der Regel vierteljährlich. Bei Rohstoffen, vor allem Öl, sogar monatlich. Und genau diese Häufigkeit bringt Probleme mit sich: Wenn ein Markt dauerhaft im Contango bleibt, potenzieren sich die Verluste – Monat für Monat. Jahr für Jahr.

Ein besonders anschauliches Beispiel: Der United States Oil Fund (USO). Wer in ihn investiert war, während WTI-Futures stark im Contango standen, konnte zusehen, wie der ETF an Wert verlor – obwohl der Ölpreis stabil, teilweise sogar steigend war. Warum? Weil mit jedem Monat teurer nachgekauft wurde. Die Rollkosten wirkten wie ein tropfender Wasserhahn auf die Rendite – leise, aber stetig.

Übrigens: Auch Krypto-Futures – etwa auf Bitcoin – kennen dieses Phänomen. Der BTC-Future an der CME unterliegt denselben Rollzyklen. Gerade in solch volatilen Märkten kann ein schlechter Rollzeitpunkt blitzschnell eine eigentlich clevere Strategie ins Wanken bringen.

Welche Einflussfaktoren bestimmen die Höhe der Rollkosten?

Rollkosten sind nicht konstant – sie hängen von vielen Faktoren ab und können sich täglich ändern. Einige der wichtigsten Hebel:

  • Die Marktstruktur (Contango oder Backwardation): Entscheidet am stärksten darüber, ob Du draufzahlst oder nicht.
  • Der Zinssatz: Er beeinflusst die Future-Preise durch sogenannte "Cost-of-Carry" Modelle – sprich, Haltekosten.
  • Lager- und Transportkosten: Relevanz vor allem bei physischen Rohstoffen – Öl in Tanks, Weizen auf Schiffen, Kupfer in Lagerhallen.
  • Erwartete Dividenden (bei Aktien-Futures): Ein höherer Zahlungsstrom im Underlying kann Rollstrategien gezielt beeinflussen.
  • Liquidität und Spreads: Wenn der Markt für den auslaufenden oder nächsten Future eng ist, steigen automatisch die impliziten Kosten.

Eine oft übersehene Komponente: das Timing. Während institutionelle Anleger ganze Systeme zur Optimierung des Rollvorgangs nutzen, überlassen viele Anfänger den Anbieterstrategien das Feld – und zahlen teilweise deutlich drauf. Wer selbst handelt oder gezielte Timing-Strategien verfolgt, kann hier gegenüber dem Durchschnittsanleger Boden gutmachen.

Welche Unterschiede bestehen zwischen Rohstoff-, Index- und Krypto-Futures?

Rollkosten sind nicht gleich Rollkosten. Je nach Marktsegment tickt die Uhr anders:

  • Rohstoff-Futures: Hier schlagen Lagerkosten, saisonale Nachfrageverschiebungen und geopolitische Risiken voll auf die Terminstruktur durch. Contango ist eher die Regel als die Ausnahme.
  • Aktienindex-Futures: Rollkosten entstehen meist durch Zinsunterschiede oder erwartete Dividendenzahlungen. Hier ist der Contango oft flacher – aber vorhanden.
  • Krypto-Futures: Ein junges, aber wildes Feld. Starke Schwankungen führen zu heftigen Rollkosten – besonders in bullischen Märkten, in denen der Preis des nächsten Kontrakts oft höher liegt.
  • Währungs-Futures: Hier dreht sich alles um Zinsdifferenzen zwischen Regionen – Trader sprechen vom Carry. Hier sind Rollkosten mehr als nur Beiwerk, sondern integraler Renditebestandteil.

Verwechsle Rollkosten nicht mit Spread, Swap-Gebühr oder Maklerprovision. Rollkosten entstehen allein durch den Wechsel von einem Kontrakt zum nächsten – unabhängig von den Gebühren des Brokers. Das erklärt, warum sie so gut getarnt auftreten, aber dennoch große Wirkung entfalten.

Was sind die Vor- und Nachteile von Rollkosten?

Rollkosten sind kein notwendiges Übel – sie sind ein struktureller Teil der Futures-Investition. Aber wie so oft: Der Teufel steckt im Detail.

Vorteile:

  • Du bleibst investiert, auch wenn der Kontrakt ausläuft – ohne Lieferverpflichtung oder physische Abwicklung.
  • In Märkten mit Backwardation profitierst Du sogar vom Rollen – es entsteht ein stiller Renditebonus.

Nachteile:

  • In anhaltenden Contango-Phasen frisst der ständige Aufpreis Deine Performance auf – oft ohne dass Du es sofort merkst.
  • Wer langfristig in monatlich rollende Produkte investiert, zahlt diesen Aufpreis Jahr für Jahr – und das kann sich schnell zu einem zweistelligen Renditeverlust summieren.
  • Du hast als Privatanleger meist keinen Einfluss auf die Rollstrategie eines ETFs – das macht Dich zum Mitfahrer in einem Race, bei dem andere das Steuer in der Hand halten.

Ich selbst habe das bitter erlebt: Bei einem ETF auf Öl stieg der Rohölpreis um 20 %. Auf meiner Depotanzeige standen gerade mal mickrige 12 %. Erst nach genauer Recherche habe ich verstanden, dass allein die Rollkosten für den Unterschied verantwortlich waren.

Wie lassen sich Rollkosten vermeiden oder senken?

Ganz ehrlich: Komplett vermeiden? Kaum möglich – wenn Du im Future-Markt bleiben willst, musst Du rollen. Aber Du kannst dafür sorgen, dass Du nicht zum Spielball des Markts wirst.

Hier sind konkrete Hebel, die Du direkt umsetzen kannst:

  • Suche Produkte mit intelligenten Rollstrategien. Einige ETFs setzen auf Optimierungsmodelle, um günstige Futures weiter hinten in der Kurve zu kaufen.
  • Vermeide monatlich rollende Produkte, wenn Du langfristig denkst. Selteneres Rollen spart bares Geld.
  • Setze auf physisch hinterlegte ETFs, vor allem bei Edelmetallen wie Gold. Hier gibt’s keine Rollkosten – weil kein Future nötig ist.
  • Handle Deine Futures selbst, wenn Du fit genug bist. So bestimmst Du den Rollzeitpunkt aktiv.
  • Lies die Fondsunterlagen genau: Rolleffekte werden dort manchmal verschleiert, aber oft in technischen Kennzahlen wie dem „Tracking Error“ erkennbar. Klein, aber aufschlussreich.

Tools wie das Rollkosten-Modul auf InsideTrading oder Datenplattformen wie Barchart geben Dir einen Einblick, wie teuer Dein Investment wirklich wird – bevor Du einsteigst.

Egal, ob Du Dein Depot selbst verwaltest oder Fonds nutzt: Rollkosten gehören immer mit auf die Watchlist. Wer das ignoriert, holt sich langfristig ein schleichendes Leck ins Portfolio.

Versteckte Kosten mit großer Wirkung – hast Du Rollkosten im Griff?

Futures klingen modern, flexibel, dynamisch – und das sind sie auch. Aber sie bringen eine machtkritische Komponente ins Spiel: Rollkosten. Spürst Du sie direkt? Nein. Untergraben sie Deine Rendite über Jahre? Absolut. Der Unterschied zwischen einem unspektakulären +15 % und einem überragenden +25 % kann einzig an Rollstrategien liegen.

Die gute Nachricht: Mit ein wenig Know-how, wachem Blick auf Produktdetails und strategischer Auswahl hast Du das Thema im Griff. Trau Dich, ins Fact Sheet Deines ETFs zu schauen. Überlege, ob physisch hinterlegte Alternativen infrage kommen. Oder – wenn Du mutig bist – übernimm das Rollen selbst.

In kürzester Zeit entwickelst Du ein Gespür dafür, welche Produkte für Deine Strategie wirklich geeignet sind. Und welche Dir auf lange Sicht mehr schaden als nutzen.

Also, ganz ehrlich: Wann hast Du das letzte Mal die Rollstrategie Deiner ETFs überprüft? Wenn Deine Antwort „noch nie“ lautet – dann ist genau jetzt der perfekte Moment, das zu ändern.

FAQ zum Thema Rollkosten

Was sind Rollkosten einfach erklärt?

Rollkosten entstehen, wenn Du aus einem auslaufenden Future in einen neuen wechselst. Ist der neue Kontrakt teurer – Contango! Das kostet Dich Geld. Ist er günstiger – Backwardation! Dann gewinnst Du. Hinter dem technischen Begriff steckt nichts anderes als: Preisunterschied = Kosten oder Gewinn. Entscheidend ist, dass dieser Mechanismus Deine Rendite im Hintergrund steuern kann – ohne auf der Oberfläche sichtbar zu sein.

Warum sind Rollkosten besonders bei Rohstoffen wichtig?

Weil bei Rohstoffen massive Lagerkosten entstehen – niemand will physischen Weizen oder Rohöl stapelweise bunkern. Diese physischen Aspekte schlagen sich in der Terminstruktur nieder und führen häufig zu Contango. Und das sorgt bei regelmäßigem Rollen – etwa jeden Monat – für stetige Verluste, selbst wenn der Basiswert sich gut entwickelt. Deshalb sind Rollkosten bei Rohstoffen alles andere als eine Kleinigkeit.

Wie kann ich Rollkosten bei meinem Depot sehen?

Sie verstecken sich oft in der Performance-Differenz zwischen ETF und dem eigentlichen Index. Schaue Dir die monatlichen Factsheets und Kostenkennzahlen (TER, Tracking Error) an oder suche gezielt nach Hinweisen zum Usage der Rollstrategie. Viele Anbieter zeigen Rollverluste separat – Du musst nur wissen, wo Du suchen musst.

Gibt es Alternativen zu Futures, um Rollkosten zu vermeiden?

Jein. Bei Gold oder Silber schon – da kannst Du auf physische ETFs zurückgreifen, die ohne Futures auskommen. Auch synthetische Produkte mit Swaps umgehen oft das Rollproblem. Doch bei Öl oder Agrarrohstoffen wird’s schwer, drumherum zu kommen. Dann lautet die Frage: Welchen ETF mit welcher Rollstrategie wählst Du? Nicht ob, sondern wie, ist die entscheidende Variable.

Wie beeinflussen Rollkosten meine Rendite langfristig?

Heftig. Rollkosten können sich bei langfristigen Anlagen stark summieren – besonders in Contango-Märkten. Wenn Du über 10 Jahre in einen ETF mit 3–4 % Rollverlust jährlich investierst, schrumpft Dein Ertrag trotz positiver Marktentwicklung um ein Drittel. Das macht aus einem cleveren Investment eine bittere Enttäuschung – nur weil Du einen Kostenpunkt nicht beachtet hast.

Erik Freutel

Mein Name ist Erik Freutel, Gründer von InsideTrading.de. Hier schreibe ich als Börsenbegeisterter über meine Erfahrungen als Trader, Investor und Wirtschaftsmathematiker.

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