Was ist ein Moving Average? Definition und Erklärung

Verfasst von Erik Freutel, Wirtschaftsmathematiker & aktiver Trader seit 2012

Zuletzt überprüft am 12. April 2025

Was ist ein Moving Average? Definition und Erklärung

Wenn Du Dich schon mal mit Aktienkursen, Börsencharts oder technischer Analyse befasst hast, bist Du garantiert auf diesen Begriff gestoßen: Moving Average, auf Deutsch gleitender Durchschnitt. Klingt erstmal trocken – ist aber eines der mächtigsten Werkzeuge überhaupt, wenn es darum geht, Preistrends zu erkennen und bessere Trading-Entscheidungen zu treffen.

Ein Moving Average nimmt historische Kursdaten, berechnet daraus einen Durchschnittswert und glättet damit das oft chaotische Auf und Ab der Märkte. Stell Dir vor, Du betrachtest den Kursverlauf durch getönte Scheiben – Du erkennst immer noch, was passiert, aber vieles Störende wird ausgeblendet. Genau das macht ein gleitender Durchschnitt: Er filtert das Marktgeräusch heraus und hebt stattdessen den übergeordneten Trend hervor. Das ist besonders hilfreich in turbulenten Phasen, wenn Emotionen hochkochen und Kursbewegungen erratisch erscheinen.

Ein reales Beispiel: Während der Corona-Pandemie 2020 kam es zu einem massiven Kurseinbruch. Viele Anleger gerieten in Panik. Wer allerdings den 200-Tage-SMA im Blick hatte, stellte fest, dass einige starke Unternehmen relativ schnell wieder über diesen Durchschnitt anstiegen – ein Indiz für eine mögliche Erholung. Wer zu diesem Zeitpunkt einstieg, konnte enorme Gewinne erzielen. So nützlich kann ein einfacher Durchschnitt sein – sofern man ihn richtig zu interpretieren weiß.

Aber: Nicht jeder Moving Average ist gleich. Es gibt unterschiedliche Formen – darunter der Simple Moving Average (SMA), der Exponential Moving Average (EMA) und der weniger bekannte, aber extrem kurzfristig orientierte Weighted Moving Average (WMA). Jeder dieser Durchschnitte bringt unterschiedliche Eigenschaften mit, die je nach Marktumfeld besser oder schlechter funktionieren. Darum geht’s in diesem Artikel: Du erfährst, wie Moving Averages funktionieren, wie Du sie berechnest und sinnvoll einsetzt – praxisnah, verständlich und mit zahlreichen Beispielen.

Wie funktioniert ein Moving Average genau?

Der Begriff "Moving Average" heißt nicht nur "gleitend" – er ist wirklich ständig in Bewegung. Ob täglich, stündlich oder auf Minutenbasis: Der gleitende Durchschnitt „wandert“ mit dem aktuellen Kursgeschehen mit und bildet den Durchschnitt über eine festgelegte Anzahl von Perioden. Das bedeutet: Jeder neue Kurswert erhält Einfluss auf den nächsten Punkt, der auf der Durchschnittslinie des Charts eingezeichnet wird. Gleichzeitig verliert der älteste Wert seinen Einfluss – und das sorgt für diesen fließenden Verlauf im Chartbild.

Die einfachste Form ist der Simple Moving Average (SMA). Beispiel: Ein 10-Tage-SMA errechnet sich aus der Summe der letzten 10 Schlusskurse, geteilt durch 10. Am darauffolgenden Tag wird der älteste Kurs entfernt, der neueste hinzugefügt – das „Fenster“ rollt mit der Zeit weiter. Dadurch ergibt sich ein weicher, geglätteter Verlauf einer Linie, die unmittelbar unter oder über dem Kurs im Chart liegt.

Der Exponential Moving Average (EMA) geht einen Schritt weiter. Er gewichtet aktuelle Kurswerte stärker als ältere. Das geschieht mithilfe eines Multiplikators, der die Reaktionsgeschwindigkeit der Durchschnittslinie steuert. Je kürzer der Betrachtungszeitraum, desto sensibler die Linie. Bei stark volatilen Werten – zum Beispiel Tech-Aktien oder Kryptowährungen – ist das besonders nützlich. Ein EMA erkennt kurzfristige Umbrüche oft schneller als ein SMA – allerdings erkauft man sich diese Geschwindigkeit mit einer höheren Anfälligkeit für Fehlsignale.

Interessant wird es, wenn der Kurs die Moving Average-Linie kreuzt: Steigt er entschlossen darüber, kann das ein Einstiegssignal sein. Fällt er unter die Linie, kann es ein Signal sein, Gewinne mitzunehmen oder auszusteigen. Wichtig ist dabei jedoch immer, den Kontext zu betrachten: Ein einzelnes Kreuzen ist kein Garant für eine Trendwende, sondern sollte immer gemeinsam mit weiteren Faktoren und Zeiteinheiten betrachtet werden.

Welche Arten von Moving Averages gibt es und wann setzt Du welche ein?

Im Alltag vieler Trader begegnen uns besonders drei Typen: SMA, EMA und WMA. Sie alle basieren auf gleitenden Durchschnitten, unterscheiden sich aber in der Art und Weise, wie sie gewichten – und damit auch, wie schnell oder träge sie reagieren.

Simple Moving Average (SMA)

Der SMA ist leicht zu verstehen und daher bei Einsteigern beliebt. Er legt auf jeden der betrachteten Kurspunkte das gleiche Gewicht. Ein 50-Tage-SMA macht also keinen Unterschied zwischen dem Preis vom Vortag oder dem vor sieben Wochen – alle fließen gleich stark ein. Dadurch entsteht eine besonders glatte Linie, die sich hervorragend für die Erkennung übergeordneter Trends eignet.

Warum ist der SMA so beliebt? Weil er seit Jahrzehnten in der Chartanalyse verwendet wird – nicht nur von privaten Tradern, sondern auch von großen Investmentfonds. Der 200-Tage-SMA etwa gilt als Marktbarometer. Liegt der Kurs darüber, wird ein Markt als gesund und bullish betrachtet. Fällt er darunter, wittern viele Trader Gefahr – oft beginnt dann eine Phase der Vorsicht oder sogar der Verkaufsbereitschaft.

In der Praxis verwendest Du den SMA vor allem bei mittelfristigem bis langfristigem Trading. Er reagiert langsamer als EMA oder WMA, eliminiert aber dadurch auch viele Fehlsignale aus dem Tagesrauschen. Das macht ihn zu einem wertvollen Begleiter für ruhige Strategien, etwa beim Positions- oder Swing-Trading.

Exponential Moving Average (EMA)

Der EMA setzt auf eine exponentielle Gewichtung der Kursdaten. Das bedeutet: Der aktuelle Kurs hat einen deutlich größeren Einfluss als der ältere. Die Berechnung erfolgt mit einem speziellen Glättungsfaktor – dieser sorgt dafür, dass die Linie „schneller“ auf Marktveränderungen reagiert. Das ist besonders hilfreich, wenn Du kurzfristiger handeln willst – etwa im Zeitbereich von Minuten bis maximal Tagen.

Viele Daytrader und Scalper schwören auf den EMA, weil er frühzeitig auf Trendänderungen reagiert. Kombinierst Du beispielsweise einen 9-EMA mit einem 21-EMA, kannst Du sehr klare kurzfristige Signale erhalten – wenn der kurze EMA den langen von unten nach oben durchkreuzt, interpretieren viele das als Kaufsignal (Golden Cross). Umgekehrt als Death Cross beim Durchbruch von oben nach unten.

Tipp: Weil der EMA empfindlicher reagiert, ist es hilfreich, ihn mit anderen Indikatoren wie dem RSI (Relative Strength Index) zu koppeln. So kannst Du sicherstellen, dass Du nicht auf ein kurzfristiges Kreuzen hereinfällst, das gar nicht zur übergeordneten Marktrichtung passt.

Weighted Moving Average (WMA)

Der WMA ist ein Geheimtipp unter kurzfristigen Händlern. Er arbeitet mit einer linearen Gewichtung: Der letzte Kurs bekommt das meiste Gewicht, der vorletzte etwas weniger – und so weiter. Das macht ihn noch sensibler als der EMA und damit ideal für sehr kurzfristige Analysen, etwa im Stunden- oder Minuten-Chart.

Allerdings: Diese Empfindlichkeit macht den WMA auch anfälliger für Kursrauschen. Gerade in seitwärts laufenden Märkten kann es zu vielen Fehlsignalen kommen. Zur besseren Signaldeutung empfiehlt sich hier die Kombination mit Volumenindikatoren oder einer übergeordneten Marktstruktur.

Wenn Du als Daytrader auf schnelle Bewegungen reagierst – etwa bei News-Trades oder entscheidenden Chartbreakouts – dann kann Dir der WMA den entscheidenden Sekunden-Vorsprung geben.

Wie berechnet man einen Moving Average? Praxisbeispiel mit Berechnung

Die Basismathematik hinter gleitenden Durchschnitten ist schnell gelernt – und glücklicherweise übernehmen moderne Trading-Plattformen wie TradingView oder MetaTrader die Rechnerei heute automatisch für Dich. Aber das Verständnis der Berechnungsform ist essenziell, damit Du weißt, was die Linien auf Deinem Chart wirklich anzeigen.

Einfaches Beispiel für den 5-Tage-SMA:

Nehmen wir an, die Schlusskurse der letzten fünf Tage seien: 10 €, 12 €, 11 €, 13 €, 14 €.

Berechnung:

(10 + 12 + 11 + 13 + 14) / 5 = 60 / 5 = 12

Das ist der aktuelle SMA-Wert und der Punkt, der im Chart an Tag 5 angezeigt wird. Am nächsten Tag kommt ein neuer Schlusskurs – sagen wir 15 €. Die neue Rechnung wäre dann:

(12 + 11 + 13 + 14 + 15) / 5 = 65 / 5 = 13

So schiebt sich das Berechnungsfenster Tag für Tag weiter – daher der Begriff „gleitender“ Durchschnitt.

EMA-Berechnung im Überblick

Die Formel für den EMA ist aufwändiger. Es beginnt mit der SMA-Basis, dann wird ein Multiplikator verwendet:

Multiplikator = 2 / (Anzahl der Perioden + 1)

Daraus ergibt sich dann:

EMA = [(aktueller Preis – vorheriger EMA) × Multiplikator] + vorheriger EMA

Dadurch „vergisst“ der Indikator nie ganz die Vergangenheit, reagiert aber dennoch deutlich schneller auf aktuelle Preisschwankungen.

Wofür nutzt man Moving Averages im Trading konkret?

Gleitende Durchschnitte sind in erster Linie Trendfolger. Das bedeutet: Sie sind nicht dazu da, Dir zu sagen, was morgen passiert, sondern zu zeigen, in welchemTrend sich ein Markt gerade bewegt. Das ist enorm wichtig – denn die meisten Gewinne entstehen für Trader nicht durch wilde Spekulationen, sondern durch das Mitlaufen eines klaren Trends.

Typische Einsatzbereiche:

  • Trenderkennung: Verläuft der MA über längere Zeit steigend? Dann liegt höchstwahrscheinlich ein Aufwärtstrend vor. Schneidet der Kurs diese Linie mehrmals von oben nach unten und wieder zurück, kann das auf einen trendlosen Seitwärtsmarkt hinweisen.
  • Signalgeber: Das berühmte Golden Cross – wenn ein kurzer MA wie der 50er den langfristigen 200er von unten schneidet – ist ein viel verwendetes Kaufsignal. Viele institutionelle Anleger reagieren auf solche Kreuzungen.
  • Support / Resistance: Besonders gleitende Durchschnitte wie der 20- oder 50-Tage-EMA gelten als dynamische Unterstützungs- oder Widerstandslinien. Kurse prallen dort oft ab – nicht, weil es physische Gründe gibt, sondern weil Millionen Marktteilnehmer darauf schauen und dementsprechend kaufen oder verkaufen.

Ein reales Beispiel aus der Insidetrading-Praxis: Die Apple-Aktie zeigte mehrfach, wie stark sie auf den 50-Tage-EMA reagierte – bei Rücksetzern auf diese Linie zogen Käufer öfter nach, was zu kräftigen Aufwärtsbewegungen führte. Trader, die den EMA beobachteten, konnten mehrfach Gewinne im zweistelligen Prozentbereich realisieren – teils in wenigen Wochen.

Was sind die Stärken und Schwächen eines Moving Averages?

Vorteile

  • Einfache Anwendung: Auch Neueinsteiger verstehen Moving Averages mit etwas Übung sehr schnell. Kein komplexes Rechnen, nur Beobachten.
  • Klarheit im Chart: Gerade in volatilen Phasen gibt der MA Stabilität und Orientierung – ideal, um blinden Aktionismus zu vermeiden.
  • Anpassbar auf Strategie: Vom 5-Minuten-Scalping bis zur langfristigen Dividendenstrategie – für jeden Stil gibt es einen geeigneten gleitenden Durchschnitt.
  • Perfekte Kombinierbarkeit: Moving Averages harmonieren nahezu reibungslos mit anderen Indikatoren – RSI, MACD, Bollinger Bands oder Stochastic.

Nachteile

  • Nachlaufend: Der große Kritikpunkt: Ein Moving Average basiert auf vergangenen Daten. Trader sehen damit immer ein wenig „in den Rückspiegel“.
  • Fehlsignale in Seitwärtsmärkten: Ohne deutlichen Trend wird es schwierig – dann können Moving Averages mehr verwirren als helfen.
  • Einseitige Sichtweise: Verlass Dich nie auf MAs allein. Ein Markt besteht aus Psychologie, Liquidität, Nachrichten, Makrotrends – das alles bildet ein Durschnitt nicht ab.

Praktische Trading-Tipps mit Moving Averages

  • Arbeite mit Kreuzungen: Ein 5-Tage-EMA kombiniert mit einem 20er kann Dir kurzfristige Wendepunkte im Markt anzeigen – sofern ein klarer Trend vorhanden ist.
  • Nutze MA als Gleit-Stop: Lege Stops unter den MA, besonders bei längerfristigen Trades. Bricht ein Kurs unter diese Linie, könnte der Trend vorbei sein.
  • Zeitebenen synchronisieren: Achte darauf, dass MA-Signale auf mehreren Zeitfenstern dieselbe Richtung anzeigen – das erhöht die Trefferwahrscheinlichkeit enorm.
  • Teste regelmäßig: Welche MAs auf welchen Assets am besten funktionieren, hängt vom Markttyp ab. Nutze Backtesting, um Dein Setup an historische Daten anzupassen.
  • Vertraue, aber kontrolliere: Der MA kann Dich führen – aber Du musst dennoch Situationen hinterfragen. Psychologische Ausreißer, News-Events oder externe Faktoren können jede Signallinie durchbrechen.

Deine Trendlinie zum Erfolg: Nutze Moving Averages bewusst

Fassen wir’s ehrlich zusammen: Ein Moving Average ist kein Orakel – aber ein leistungsstarker Kompass im Börsendschungel. Er hilft Dir, Sicht in unklaren Zeiten zu bekommen, Signale früher zu erkennen, Emotionen zu reduzieren – und damit letztlich fundiertere Entscheidungen zu treffen. Ob Anfänger oder Profi: Wer mit MAs arbeitet, erkennt Muster, die anderen Tradern verborgen bleiben.

Doch wie bei jedem Tool gilt: Verstehe es, bevor Du Dich darauf verlässt. Nur wer seinen Indikator kennt, kann ihn auch souverän nutzen. Teste verschiedene Zeiträume, kombiniere mit anderen Methoden, passe Deine Strategie ständig an – und entwickle ein Gefühl für wann ein Signal wirklich verlässlich ist.

Und jetzt Du: Welche Kombination aus gleitenden Durchschnitten nutzt Du am liebsten? Hast Du spezielle Setups, die besonders gut funktionieren? Teile Deine Erfahrungen unten in den Kommentaren – gemeinsam lernen wir am meisten!

Erik Freutel

Ich bin Erik Freutel und blogge jetzt! Hier schreibe ich aus der Sicht eines Wirtschaftsmathematikers, Börseninteressierten und Online-Marketers über meine Erfahrungen und Interessen als Unternehmer und Investor.