Was ist ein Overbought? Definition und Erklärung

Was ist ein Overbought? Definition und Erklärung

Kennst Du dieses Gefühl, wenn eine Aktie gerade überall in den Medien ist, jeder darüber spricht – und Du Dich fragst, ob der Kurs überhaupt noch höher steigen kann? Willkommen im sogenannten Overbought-Zustand.

„Overbought“ bedeutet wörtlich übersetzt „überkauft“. Aber was steckt wirklich dahinter? Im Grunde beschreibt es eine Situation am Aktien- oder Finanzmarkt, in der ein Wertpapier über seinen tatsächlichen – also inneren – Wert hinaus gehandelt wird. Oft passiert das, wenn ein Hype entsteht, der Kurs in kurzer Zeit stark steigt und Anleger in der Euphorie glauben, es würde ewig so weitergehen.

Das Problem: Diese Übertreibung kann schnell in eine Korrektur münden. Wer sich also mit diesem Begriff und den dahinterstehenden Konzepten wie dem Relative Strength Index (RSI) auskennt, kann nicht nur klügere Entscheidungen treffen – sondern sich vielleicht auch vor schmerzhaften Verlusten schützen.

In diesem Artikel gehen wir genau darauf ein: Was ein Overbought ist, wie man ihn erkennt, warum er manchmal eine Warnung darstellt – und wie Du davon profitieren kannst, wenn Du ihn richtig einschätzt. Klingt spannend? Dann lies weiter.

Was bedeutet ein Overbought-Zustand genau?

Ein Overbought-Zustand liegt klassisch dann vor, wenn der Preis eines Wertpapiers in relativ kurzer Zeit ungewöhnlich stark gestiegen ist – so stark, dass viele Marktteilnehmer, ob Analysten oder Anleger, annehmen, dass dieser Preis oberhalb des gerechtfertigten Werts liegt. Der Begriff stammt ursprünglich aus der technischen Analyse, hat aber längst Einzug in die Alltagssprache vieler Trader gefunden. Oberflächlich betrachtet geht es also um ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage – genauer: zu viel Nachfrage trifft auf zu wenig rationales Bewertungsverständnis.

In der Praxis ist ein Overbought-Zustand häufig durch starke psychologische Faktoren getrieben. Begriffe wie FOMO („Fear of Missing Out“), Gier oder Massenhysterie sind hier keine Seltenheit. Menschen sehen steigende Kurse, hören von Freunden oder aus den Medien Erfolgsgeschichten und springen auf, ohne die fundamentalen Daten des Unternehmens zu hinterfragen. Diese emotionale Verstärkung kann zu exponentiellen Kursanstiegen führen – bis das System kippt.

Außerdem sollte man beachten, dass der „Innere Wert“ eines Unternehmens oft nur schwierig eindeutig zu bestimmen ist. Daher stellt ein Overbought-Zustand auch keine mathematische Wahrheit dar, sondern eher eine Einschätzung im Kontext des historischen Verlaufes, der Marktstimmung und der bisherigen Bewertung. Wichtig ist daher die Unterscheidung zwischen kurzfristiger Übertreibung und langfristiger Wachstumsstory.

Besonders anfällig für solche Zustände sind Märkte oder Branchen mit disruptiven Technologien, neuen Geschäftsmodellen oder starkem Zukunftsoptimismus – etwa erneuerbare Energien, Künstliche Intelligenz oder NFTs. Anleger sollten also Wachsamkeit walten lassen, wenn Euphorie zu dominieren beginnt und rationale Bewertungen auf der Strecke bleiben.

Wie funktioniert ein Overbought technisch? Welche Indikatoren helfen bei der Analyse?

Der Begriff „Overbought“ ist tief in der technischen Analyse verwurzelt – jene Disziplin der Marktanalyse, die versucht, Preisbewegungen auf Basis historischer Charts, Volumen und mathematischer Indikatoren vorherzusagen. Technische Indikatoren helfen dabei, übertriebene Kursentwicklungen zu erkennen, bevor sie in eine Kurskorrektur übergehen. Besonders nützlich sind Momentum-Indikatoren – sie messen, wie stark und schnell sich ein Kurs in der Vergangenheit bewegt hat.

Der meistgenutzte Indikator in diesem Zusammenhang ist der RSI (Relative Strength Index). Dieser bewegt sich auf einer Skala von 0 bis 100. Werte über 70 gelten allgemein als überkauft, Werte unter 30 als überverkauft. Der RSI zeigt also nicht nur die Richtung, sondern auch die „Gesundheit“ einer Bewegung an. Liegt der RSI beispielsweise bei 85, ist Vorsicht geboten: Der Markt hat übertrieben, eine Gegenbewegung wird immer wahrscheinlicher.

Aber der RSI ist nicht allein. Auch der Stochastic Oscillator zeigt, ob ein Wertpapier in der Nähe seiner Höchstkurse notiert. Je höher der Stochastic-Wert (klassisch über 80), desto eher befindet sich der Wert in einer überkauften Zone. Der Vorteil des Stochastic Oscillators: Er reagiert schneller auf kurzfristige Kursschwankungen und eignet sich daher gut für Daytrader und kurzfristige Entscheidungen.

Ein weiterer viel beachteter Indikator ist der MACD (Moving Average Convergence Divergence). Er besteht aus zwei gleitenden Durchschnitten und misst die Differenz zwischen ihnen. Wenn der MACD deutlich oberhalb seiner Signallinie liegt, kann dies ebenfalls ein Zeichen für eine Übertreibung sein – besonders wenn zusätzlich ein stark positives Momentum vorliegt.

Bollinger Bänder – ein weiteres wichtiges Tool – sind vor allem bei der Visualisierung populär. Hierbei werden dynamische Bänder ober- und unterhalb eines gleitenden Durchschnitts gezeichnet, die die aktuelle Volatilität widerspiegeln. Wenn sich der Kurs dauerhaft außerhalb der oberen Bollinger-Bänder bewegt, könnte das auf eine überkaufte Situation hinweisen.

Fortgeschrittene Trader kombinieren häufig mehrere Indikatoren, um sich ein zuverlässigeres Bild zu machen. Denn kein einzelnes Instrument liefert eine Garantie. Nur im Zusammenspiel entfalten sie ihre Stärke. In der Praxis heißt das: Verläuft der RSI über 70, die Bollinger Bänder werden deutlich nach oben durchstoßen und auch der MACD ist weit über der Signallinie? Dann beginnt die Kunst des Ausstiegs oder der Short-Chance.

Gibt es bekannte Beispiele für Overbought-Situationen?

Ein klassisches Beispiel für einen überkauften Markt war die Tesla-Aktie rund um das Jahr 2020. Der Kurs explodierte innerhalb weniger Monate – ausgehend von einem ohnehin schon ambitionierten Niveau. Medienberichte überschlugen sich, Anleger wollten kein Stück vom Kuchen verpassen, und plötzlich stieg der Kurs um über 700 %. Auch wenn viele der zugrundeliegenden Zukunftsaussichten (z. B. E-Mobilität, autonome Fahrzeuge, Skalierung) plausibel waren, wiesen die technischen Indikatoren längst auf Überhitzung hin. Der RSI lag phasenweise bei über 85, Bollinger Bänder wurden dauerhaft verletzt, und der Abstand zur 200-Tage-Linie war historisch hoch. Es folgte – wie erwartet – ein Rücksetzer von teils 30 % innerhalb kurzer Zeit.

Auch die sogenannten Meme-Stocks wie GameStop und AMC sind Paradebeispiele für Overbought-Zustände. Getrieben von Social-Media-Foren wie Reddit und Discord entstanden künstlich erzeugte Kaufwellen. Plötzlich explodierten Aktienkurse völlig losgelöst von jeglicher Bewertung. RSI-Werte jenseits der 90 – ein extrem seltener Wert – wurden erreicht. Solche parabolischen Bewegungen haben in der Regel nur eine Richtung: nach unten.

Ein weiteres Beispiel, das weniger offensichtlich aber dennoch spektakulär war, betrifft Kryptowährungen wie Bitcoin. Insbesondere Ende 2017 und erneut Ende 2020 wurden RSI-Werte erreicht, die auf extreme Käufe hinwiesen. Nach beiden Phasen folgten starke Korrekturen, teils um über 50 %. Wer zu spät gekauft hatte, musste mit teuren Lektionen rechnen.

Diese Fälle zeigen: Overbought bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Kurs sofort sinkt. Aber sie sind ein wichtiges Alarmsignal, das Anleger zur kritischen Auseinandersetzung bewegen sollte. Je ausgeprägter die Indikatoren, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer Korrektur.

Welche Vorteile und Risiken bringt ein Overbought eigentlich mit sich?

Ein Overbought-Signal ist kein automatisches Warnsignal zum Ausstieg – zumindest nicht für jeden Anleger. Für kurzfristig orientierte Trader bieten überkaufte Märkte oft erstklassige Gewinnchancen. Der Grund: Trends können sich oft länger halten, als man denkt, und in der Spätphase sind die Preisbewegungen oft am stärksten. Wer früh einsteigt und diszipliniert absichert, kann in solchen Phasen hohe Renditen erzielen.

Der Vorteil liegt im Momentum: Große Trendbewegungen erzeugen starke Volumen, was wiederum Liquidität schafft. Das erleichtert schnelle Gewinne – wenn man den Ausstieg im Blick behält. Gerade erfahrene Daytrader nutzen solche Setups gezielt, weil sie wissen, dass Marktübertreibungen sich profitabel ausnutzen lassen.

Doch diese Chancen bergen ebenso große Risiken. Der größte Nachteil eines überkauften Marktes liegt in seiner Instabilität. Die Kursgewinne beruhen teils nicht auf realwirtschaftlichen Fundamentaldaten, sondern auf kurzfristigen Markteffekten, Psychologie oder Hype. Das macht die Bewegung anfällig – kleine Trigger (z. B. schlechte Nachrichten, enttäuschende Zahlen) reichen oft für drastische Einbrüche.

Ein weiteres Risiko ist psychologischer Natur: Viele Anleger erkennen den Kipppunkt nicht rechtzeitig. Sie verwechseln einen etablierten Trend mit dauerhafter Substanz – und kaufen zu spät. Wenn dann die Korrektur folgt, sind die Verluste umso schmerzhafter. Emotionale Bindung an das Investment oder die Community („Diamond Hands“ bei Meme-Stocks) kann rationales Handeln behindern.

Fazit: Wer mit Overbought-Situationen umgehen will, braucht zwei Dinge – Disziplin und Timing. Gewinne sind möglich, wenn man vorbereitet ist. Verluste entstehen vor allem durch Unwissenheit oder Gier.

Wie kannst Du als Anleger mit Overbought-Aktien am besten umgehen?

Die wichtigste Regel lautet: Bewahre Ruhe. Gerade in stark überkauften Phasen ist es entscheidend, sich nicht von Stimmung oder Gruppendynamik mitreißen zu lassen. Analyse und Strategie sind jetzt wichtiger denn je. Hier einige konkrete Empfehlungen, wie Du mit überkauften Aktien umgehen kannst:

  1. Setze auf technische Frühwarnsysteme
    Nutze Indikatoren wie RSI, MACD, Stochastic Oscillator und Bollinger Bänder nicht isoliert, sondern im Verbund. Wenn mehrere Werkzeuge gleichzeitig ein Overbought anzeigen, solltest Du Dein Exposure reduzieren oder Gewinne sichern. Auch Volumen-Analysen und Marktbreite-Indikatoren können helfen, die Nachhaltigkeit eines Trends einzuschätzen.

  2. Nutze Stop-Loss- und Take-Profit-Orders clever
    In einem überkauften Markt kann ein plötzlicher Umschwung massive Kursverluste bedeuten. Mit klar definierten Stoppkursen begrenzt Du Dein Risiko. Ebenso wichtig: Gewinne sollten aktiv realisiert werden, statt auf "höher, schneller, weiter" zu hoffen. Eine Nachziehstrategie (z. B. Trailing Stop) hat sich bewährt.

  3. Hinterfrage mediale und soziale Narrative
    Nur weil eine Aktie über Wochen im Rampenlicht steht oder in Foren wie Reddit regelmäßig gefeiert wird, ist sie nicht automatisch günstig oder erfolgsversprechend. Informiere Dich über das Fundament: Was sind die realen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen? Wie nachhaltig ist das Geschäftsmodell?

  4. Diversifiziere konsequent
    Setze nie alles auf eine Karte – vor allem nicht in einem aufgeheizten Marktumfeld. Ein ausgewogenes Portfolio kann Verluste in einzelnen Positionen abfedern. Investiere nur einen kleinen Teil Deiner Mittel in hochvolatile, überkaufte Assets.

  5. Bewerte Unternehmen ganzheitlich
    Eine Aktie mag im Chart überteuert aussehen – doch fundamental kann sie trotzdem Potenzial haben. Beispiel: Apple wurde oft als überkauft klassifiziert, hat seine Performance aber langfristig behauptet. Deshalb lohnt sich auch der Blick auf Kennzahlen wie KGV, Wachstumsraten oder Zukunftspotenziale.

Bei InsideTrading setzen wir auf die Kombination von quantitativer Analyse (Indikatoren, Charts) und qualitativer Bewertung (Nachrichten, Unternehmensanalysen, Marktpsychologie). Uns interessiert nicht nur, ob ein Wert überkauft ist, sondern warum – und welche Reaktion des Marktes als nächstes wahrscheinlich ist.

Was bringt Dir die Auseinandersetzung mit Overbought als Anleger?

Wer regelmäßig mit den Konzepten von Overbought und Oversold arbeitet, entwickelt nicht nur ein besseres Marktverständnis – sondern auch ein Gespür für Timing, Risiken und Opportunitäten. Die wiederkehrenden Muster ermöglichen es, frühzeitig einzuschätzen, ob ein neuer Trend gesund oder überhitzt ist. Dieses Wissen senkt nicht nur das Verlustrisiko, sondern eröffnet auch gezielte Einstiegs- oder Ausstiegsmöglichkeiten.

Darüber hinaus fördert ein strukturierter Umgang mit solchen Situationen Deine emotionale Intelligenz als Investor. Du lernst, zwischen Hype und Substanz zu unterscheiden, Dein Urteilsvermögen zu schärfen und Dich nicht von der Masse blenden zu lassen. Märkte leben von Erwartungen, und wer diese Erwartungen lesen und interpretieren kann, verschafft sich einen enormen Vorteil.

Langfristig entwickelst Du dadurch ein professionelleres Risikomanagement. Du triffst Entscheidungen nicht mehr aus dem Bauch, sondern auf Basis eines validierten Systems. Und das ist entscheidend – insbesondere in volatilen Zeiten, in denen andere in Panik verkaufen oder ohne Plan investieren.

Dein Kompass zwischen Hype und Realität

Ein Overbought-Zustand ist kein Todesurteil – aber ein lauter Hinweis: „Schau genauer hin.“ Wenn Aktien scheinbar grenzenlos steigen, lohnt es sich, einen Schritt zurückzutreten und rational zu analysieren. Technische Indikatoren wie der RSI, MACD oder Bollinger Bänder helfen Dir dabei – aber sie sind nur ein Teil des Puzzles.

Worauf es wirklich ankommt? Deine Fähigkeit, Euphorie von Substanz zu unterscheiden. Bleib wachsam, bilde Dir eine eigene Meinung – und trau Dich auch mal, gegen den Strom zu schwimmen. Denn genau dort entstehen oft die besten Chancen.

Am Ende liegt der Unterschied nicht im Wissen, sondern im Handeln. Also: Siehst Du bei Deiner nächsten Aktienanalyse ein Overbought-Signal – wie wirst Du reagieren?

Erik Freutel

Ich bin Erik Freutel und blogge jetzt! Hier schreibe ich aus der Sicht eines Wirtschaftsmathematikers, Börseninteressierten und Online-Marketers über meine Erfahrungen und Interessen als Unternehmer und Investor.