Was ist ein Overbought Zustand? Definition und Erklärung

Verfasst von Erik Freutel, Wirtschaftsmathematiker & aktiver Trader seit 2012

Zuletzt überprüft am 19. August 2025

Was ist ein Overbought Zustand? Definition und Erklärung

Ein Overbought-Zustand (engl. „Overbought“) beschreibt eine Marktlage, in der ein Wertpapier kurzfristig übermäßig gekauft wurde – meist ausgelöst durch Emotionen wie Gier oder FOMO – und statistisch gesehen reif für eine Korrektur ist.

Stell Dir vor, eine Aktie aus dem Tech-Sektor schießt innerhalb weniger Tage um 30 % nach oben. Die Medien feiern das Unternehmen, auf Social Media herrscht Euphorie und plötzlich will jeder noch aufspringen, bevor der Zug vermeintlich endgültig abfährt. Genau das ist ein typisches Beispiel für einen Overbought-Zustand – ein „überkauftes“ Marktverhalten. Doch was bedeutet das wirklich? Und wie kannst Du solche Situationen für Deine eigene Trading-Strategie erkennen – und vor allem: nutzen?

In der technischen Analyse ist „Overbought“ keine Modeerscheinung, sondern ein klar definierter Begriff, messbar mit Indikatoren wie dem RSI (Relative Strength Index) oder dem MFI (Money Flow Index). Sie zeigen, wann ein Markt historisch überkauft ist – und damit potenziell vor einer Trendwende steht. Klingt einfach? Ist es nicht. Denn gerade in starken Aufwärtstrends liefern diese Indikatoren viele Fehlalarme. Deshalb brauchst Du nicht nur die richtigen Tools, sondern auch ein klares Verständnis ihrer Anwendung – und Disziplin.

In diesem Beitrag klären wir, was ein Overbought-Zustand genau ist, wie er entsteht, wie Du ihn erkennst – und welche Chancen (und Risiken!) in ihm schlummern.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Overbought-Zustand signalisiert, dass ein Wertpapier über einen kurzen Zeitraum zu schnell zu stark gestiegen ist – oft getrieben durch Emotionen wie Gier oder Hype.
  • Technische Indikatoren wie der RSI (>70) oder MFI (>80) geben Hinweise auf überkaufte Marktbedingungen. Aber: In starken Trends können diese Signale täuschen.
  • Laut Brokervergleich nutzen über 40 % der aktiven Privatanleger den RSI als primäres Timing-Instrument. Trotzdem gilt: Overbought ist ein Warnsignal – kein automatisches Verkaufszeichen.

Was bedeutet Overbought aus technischer und psychologischer Sicht wirklich?

Ein Overbought-Zustand ist viel mehr als ein technisches Signal. Er ist ein Spiegel der Massenpsychologie – meistens, wenn Märkte irrational euphorisch handeln. In solchen Phasen treibt nicht Logik die Preise, sondern ein tiefes emotionales Verlangen: „Ich will dabei sein, koste es, was es wolle.“

Ein fast schon klassischer Fall: Die Aktie eines Hype-Unternehmens springt plötzlich in kürzester Zeit um 25 % nach oben. Die Timeline auf X (Twitter) explodiert, Influencer feiern neue ATHs (All Time Highs), und jeder glaubt: „Das geht noch weiter.“ Genau dann fangen erfahrene Trader an, skeptisch zu werden.

Technisch betrachtet heißt „Overbought“, dass der Kurs in einem bestimmten Zeitraum ungewöhnlich stark über dem Durchschnittsniveau gehandelt wird. Die Käufer drängen in den Markt wie bei einem Schlussverkauf – aber einer, bei dem die Preise willkürlich steigen. Die Frage ist nicht ob eine Korrektur kommt, sondern wann – und ob Du vorher bereit bist.

Auf der psychologischen Seite erinnern Overbought-Perioden oft an kollektiven Rausch. Jeder redet über die „sichere Rendite“ – und vergisst dabei, dass Märkte selten geradeaus laufen. Wichtig zu verstehen: Der Kurs selbst ist erst das Resultat. Das emotionale Klima davor ist der wahre Auslöser. Nicht der hohe Kurs signalisiert Gefahr – sondern die Geschichte, die sich die Masse erzählt.

Wie erkennst Du einen Overbought-Zustand mit technischen Indikatoren?

Technische Analyse ist kein Allheilmittel, aber sie hilft Dir, Euphorie messbar zu machen. Vor allem zwei Indikatoren haben sich durchgesetzt: der RSI und MFI.

Der Relative Strength Index (RSI) analysiert, wie stark die Kurse zuletzt gestiegen sind – mathematisch fein ausgedrückt als Verhältnis der durchschnittlichen Gewinne zu den Verlusten der letzten 14 Perioden. Sobald dieser Wert über 70 steigt, ist man laut Definition im „überkauften“ Bereich. Doch Achtung: In starken Aufwärtstrends kann ein RSI über 70 tagelang bestehen – ohne jede Konsequenz. Eine Pauschalentscheidung nach Schema F funktioniert hier nicht.

Zusätzliche Hinweise liefert der Money Flow Index (MFI) – eine Art RSI mit Volumenbrille. Er zeigt Dir nicht nur, wie stark der Preis steigt, sondern wie viel Kapital tatsächlich dahintersteht. Werte jenseits von 80 lassen die Alarmglocken schrillen: Kapital strömt schnell hinein – oft zu schnell. Besonders im Kryptohandel, wo die Dynamik fast wöchentlich überhitzt, ist der MFI für viele unverzichtbar.

Wichtig für Anfänger im Trading: Verlass Dich niemals nur auf einen einzigen Indikator. Erst wenn sich mehrere Signale überschneiden – also z. B. RSI über 70, MFI über 80 und gleichzeitig ein steiler Preisanstieg mit geringem Volumen – entsteht ein glaubwürdiges Setup. Aber auch dann bleibt es eine Wahrscheinlichkeitsrechnung. Sicherheit? Die gibt’s im Markt nie.

Ein Overbought-Signal ist in einem Seitwärtstrend Gold wert – und im starken Aufwärtstrend oft nutzlos. Das musst Du unbedingt unterscheiden!

Beispiel Nasdaq 2020–2021: Jeder RSI über 70 hätte hier zum Ausstieg geraten – und doch ging es weiter. Der Index wurde getrieben von historisch lockerer Geldpolitik, Tech-Optimismus und FOMO in Reinform. Ergebnis: RSI über 70? Kein Umkehrsignal. Sondern neues Normal.

In Seitwärtsphasen – etwa bei stabilen Währungspaaren wie EUR/CHF – sieht die Sache anders aus. Dort zeigt der RSI viel schneller Übertreibung an, weil es keine fundamentale Kraft gibt, die Kurse weiter nach oben zieht. Trader, die einzelne Ausschläge gezielt handeln, haben hier mehr Erfolg.

Wenn Du mit Overbought-Signalen arbeiten willst, musst Du vor allem eine Frage ehrlich beantworten: Bin ich in einem Trend, oder stecke ich in der Korrekturzone einer Range? Nur wer den Kontext versteht, kann das Signal auch richtig deuten. Wie bei einem Navigationsgerät: Ohne Karte bringt Dir auch das beste Richtungszeichen nichts.

Welche Vorteile und Risiken birgt das Handeln in Overbought-Zuständen?

Ein Overbought-Signal kann Deine Kasse klingeln lassen – oder Dich völlig auf dem falschen Fuß erwischen. Es ist ein wertvolles Werkzeug, aber kein Selbstläufer.

Die Chancen: Wenn Du rechtzeitig erkennst, dass ein Markt heiß gelaufen ist, kannst Du Gewinne sichern, Positionen abflachen oder überhaupt erst eine Gegenposition planen. Stell Dir vor, ein ETF wie der MSCI World legt innerhalb von fünf Handelstagen 10 % zu, der RSI kratzt an der 75er-Marke – und das durchschnittliche Volumen fällt. Ein idealer Moment, um vielleicht den Trailing Stop (für Anfänger besonders hilfreich!) etwas enger zu setzen und die erreichten Buchgewinne zu schützen.

Doch die Risiken sind ebenso real: Du gehst zu früh raus und siehst Deinem Asset dabei zu, wie es weitere 10 % steigt. Oder Du hoffst auf eine Umkehr, gehst Short – und wirst Opfer eines Short Squeezes, wenn der Trend weiterläuft. Dazu kommt: Viele Trader unterschätzen ihre eigene Psychologie. Sie wollen recht behalten, statt richtig zu handeln. Die Folge? Fehltrades, Frust, Selbstzweifel.

Kurz gesagt: Overbought heißt nicht „Sell immediately!“ Es heißt: Sei wachsam. Beobachte. Und vor allem: Handle mit Plan – nicht mit Ego.

So kannst Du Overbought-Signale sinnvoll in Deine Strategie integrieren

Overbought-Zonen sind perfekte Orte, um innezuhalten. Nicht, um reflexartig zu verkaufen – sondern um Deine Strategie zu justieren.

Wenn Du feststellst, dass RSI, MFI und Marktstimmung gleichzeitig überhitzt sind, ist das wie ein Warnblinker. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, den Take-Profit etwas zu senken oder die Positionsgröße leicht zu kürzen. Kein Drama – nur proaktives Management. Das gilt besonders in volatilen Märkten wie Krypto oder Biotech-Aktien, wo innerhalb einer Stunde alles kippen kann.

Daytrader könnten besonders wachsam sein, wenn sich doji-ähnliche Kerzenmuster, Widerstandslevels und rückläufiges Volumen hinzugesellen. Das schafft Angriffsfläche für gezielte Short-Einstiege. Langfristige Investoren hingegen nutzen den Overbought-Moment, um zu prüfen, ob neue Käufe jetzt wirklich sinnvoll sind – oder einfach nur Gier.

Meine Erfahrung zeigt: Die stärksten Treffer landen Trader mit kombinierten Setups. Erst wenn RSI über 70, Volumen divergiert und ein klarer technischer Widerstand da ist, ergibt ein Entry wirklich Sinn. Alles andere ist Timing aus dem Bauch heraus – und der hat an der Börse selten Recht.

Trading bleibt dabei ein Stück weit Kunst – aber gute Indikatoren sind wie Pinsel in der Hand eines Profis: Du musst sie richtig einsetzen, sonst wird’s Kleckserei.

Was Overbought in Aktien, Forex und Krypto ganz konkret bedeuten kann

Lass uns einen Blick auf echte Beispiele werfen.

Aktien: 2023 hat Nvidia eindrucksvoll gezeigt, wie schnell Euphorie schmerzen kann. Nach einem KI-befeuerten Anstieg von 40 % in unter vier Wochen lagen RSI bei 82 und MFI bei 88 – praktisch ein Lehrbuchfall für Overbought. Und dann? Rücksetzer von 15 %. Nicht dramatisch, aber schmerzhaft für alle, die zu spät eingestiegen sind.

Forex: Beim Währungspaar GBP/JPY jagten Spekulationen über Zinsanhebungen im Sommer 2022 den RSI auf 80. Innerhalb weniger Stunden gab es einen kleinen „Flash-Crash“ – viele Trader wurden auf dem falschen Fuß erwischt. Wer vorbereitet war, sah die Überhitzung kommen.

Krypto: Ein Paradebeispiel: Dogecoin 2021. Musk twittert. RSI und MFI explodieren. Ganze Telegramgruppen rasten aus. Jeder will rein. Und dann – zack – der Absturz. Wer zu spät ausgestiegen ist, hat teuer gelernt: Overbought ist keine Theorie. Es passiert. Und es trifft genau dann, wenn Du es am wenigsten brauchst – es sei denn, Du hast vorher Deinen Plan gemacht.

Bedeutung für Deine Tradingstrategie – Kontrolle statt Emotion

Das Schöne an Overbought-Signalen? Sie geben Dir das zurück, was in heißen Phasen sonst verloren geht: Kontrolle. Wenn alle gierig kaufen, bleibst Du wach. Wenn alle träumen, bleibst Du sachlich.

Die beste Strategie basiert auf Regeln, nicht auf Gefühlen. Überlege Dir klare Kriterien: „Wenn RSI über 75 und fünf grüne Tageskerzen in Folge: Teilverkauf von 30 %.“ Oder: „Bei RSI > 70 + MFI > 80 + Candlestick-Widerstand: Einstieg nur mit engem Stop-Loss unter der letzten Kerze.“ Solche Regeln machen den Unterschied zwischen Panik und Profit.

Inside Trading liefert dir dafür die Community, Werkzeuge und Watchlists. Und das brauchst Du auch. Denn am Ende ist es nicht der Markt, der Deine Performance bestimmt – es ist Deine Vorbereitung.

Overbought – Warnsignal oder Trading-Chance?

Ein Overbought-Zustand ist wie ein Straßenzeichen auf einer Autobahn voller Teslas: Es blinkt auf, wenn Du gerade Vollgas gibst. Du kannst bremsen – oder weiterfahren. Aber Du solltest wissen, warum.

Kurse, die durch Gier und Hype getrieben werden, sind heiß – manchmal zu heiß. Wenn RSI, MFI und Sentiment plötzlich rot leuchten, musst Du handeln. Nicht panisch, sondern bewusst. Vielleicht ist es der Moment, Gewinne zu sichern, vielleicht auch nur Zeit, Positionen zu justieren.

Fakt ist: Nur wer vorbereitet ist, erkennt Chancen im Overbought – und schützt sich gleichzeitig vor Emotionstrades.

Also: Nutze diese Phasen, um Fragen zu stellen. Sitzt Deine Position noch richtig? Ist der Stopp dort, wo er sein soll? Und ganz wichtig: Handelt der Markt rational – oder blind vor Euphorie?

Denn wer ruhig bleibt, wenn andere durchdrehen, bleibt nicht nur im Spiel – er spielt auf Sieg.

Und jetzt an Dich: Hast Du schon einmal durch einen Overbought-Hinweis einen Gewinn gesichert – oder Dich vom Markt täuschen lassen? Teile Deine Erfahrung in den Kommentaren!

FAQ zum Thema Overbought

Was bedeutet „Overbought“ genau?

„Overbought“ bedeutet, dass ein Markt kurzfristig überkauft ist – also zu schnell zu stark gestiegen. Oft ist der Preisanstieg nicht mehr fundamental gerechtfertigt, sondern basiert auf Emotion, Hype und giergetriebenem Tempo. Merke: Wenn Dir ein Plus von 20 % in wenigen Tagen plötzlich „normal“ erscheint, bist Du wahrscheinlich mittendrin.

Wie erkenne ich einen Overbought-Zustand?

Am zuverlässigsten helfen Dir technische Tools wie der RSI oder MFI. Sobald der RSI über 70 klettert oder der MFI 80 überschreitet, bist Du in der Überhitzungszone. Gepaart mit euphorischer Marktstimmung, hohen Volumina und plötzlichen Preissprüngen entsteht ein klares Signal. Aber: Zahlen alleine reichen nicht. Achte auch auf das Gesamtbild – vom Chart bis zum Marktgeflüster.

Bleibt ein Markt lange im Overbought?

Ja, definitiv! Besonders in starken Aufwärtstrends – wie bei Tech-Aktien 2020 – können RSI-Werte oberhalb von 70 wochenlang anhalten. Wer da stur verkauft, nur weil ein Grenzwert erreicht ist, verpasst oft enorm viel Rendite. Deshalb: Erst den Kontext prüfen, dann handeln!

Ist Overbought automatisch ein Verkaufssignal?

Nein. Overbought ist keine rote Ampel – eher ein gelbes Blinklicht. Es erinnert Dich daran, dass der Markt heiß läuft. Ob Du jetzt aussteigen, absichern oder einfach nur beobachten solltest, hängt von Deiner Gesamtstrategie ab. Reagieren ja – aber immer mit einem Plan, nicht aus dem Bauch heraus.

Erik Freutel

Mein Name ist Erik Freutel, Gründer von InsideTrading.de. Hier schreibe ich als Börsenbegeisterter über meine Erfahrungen als Trader, Investor und Wirtschaftsmathematiker.