Was ist ein Retracement? Definition und Erklärung

Verfasst von Erik Freutel, Wirtschaftsmathematiker & aktiver Trader seit 2012

Zuletzt überprüft am 19. August 2025

Was ist ein Retracement? Definition und Erklärung

Ein Retracement (englisch für Rücklauf oder Rücksetzer) ist eine kurzfristige Kurskorrektur innerhalb eines bestehenden Trends – oft genutzt, um bessere Ein- und Ausstiegspunkte beim Trading zu finden. Vor allem das Fibonacci Retracement ist hier besonders beliebt.

Wenn an den Finanzmärkten die Kurse scheinbar wie ein Ball zurückspringen, obwohl sich ein klarer Trend zeigt, sprechen Trader häufig von einem sogenannten Retracement. Vielleicht hast Du schon erlebt, wie ein Kurs zunächst stark ansteigt – nur um plötzlich ein Stück nach unten zu fallen, bevor er seinen Aufwärtstrend fortsetzt. Genau solche Phasen sind Retracements: temporäre Rücksetzer, keine echten Trendwechsel.

Warum ist das wichtig? Weil diese "kleinen Pausen" im Chart jede Menge über den Markt aussagen. Clevere Trader nutzen sie gezielt, um günstige Einstiege zu finden oder Gewinne abzusichern. Besonders bekannt dabei: das Fibonacci Retracement. Es basiert auf einer alten mathematischen Zahlenreihe – klingt trocken, ist aber erstaunlich effektiv. Wusstest Du, dass rund 70 % der technischen Trader dieses Tool regelmäßig einsetzen?

In diesem Artikel erfährst Du, was ein Retracement in der technischen Analyse wirklich bedeutet, wie es funktioniert, wo die Chancen liegen – und wo auch Fallstricke lauern. Egal, ob Du Aktien, Forex oder Krypto handelst: Die Grundlagen sind überall gleich. Lass uns gemeinsam tiefer eintauchen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Etwa 70 % aller technischen Trader nutzen Fibonacci-Retracements, um mögliche Unterstützungs- und Widerstandsbereiche zu erkennen (Quelle: IG.com).
  • Die beliebtesten Zonen für Kurskorrekturen liegen bei 38,2 %, 50 % und 61,8 %. Vor allem die 61,8 %-Linie – bekannt als „Goldener Schnitt“ – zieht besonders starke Marktreaktionen auf sich.
  • Retracements entfalten ihre volle Stärke in klaren Trends. Sie liefern dort wertvolle Signale und lassen sich optimal mit weiteren Werkzeugen wie RSI, Trendlinien oder Volumenanalyse verknüpfen. Nur auf die Linien zu vertrauen, bringt dagegen selten Erfolg.

Was genau ist ein Retracement eigentlich?

Ein Retracement ist nicht der Wendepunkt eines Marktes, sondern eine Art Mini-Pause im Trendverlauf. Oft wird es von Trading-Anfängern als Trendbruch fehlinterpretiert – dabei ist es nur eine Momentaufnahme im größeren Bild.

Stell Dir den Kurs wie einen Läufer vor, der gerade eine steile Etappe meistert. Irgendwann bleibt er kurz stehen, trinkt etwas, atmet tief durch – und läuft dann weiter. Genau das macht der Markt bei einem Retracement: Er korrigiert kurzfristig, bevor er wieder Gas gibt – vorausgesetzt, die Grundrichtung bleibt intakt.

Aus dieser Perspektive wird klar, warum viele Trader genau in diesen Rücksetzern auf Einstiegsmöglichkeiten lauern. Das Fibonacci Retracement liefert hier äußerst präzise Anhaltspunkte für potenzielle Wendebereiche – auch wenn es keine exakten Preisvorhersagen liefert.

Warum sind Fibonacci Retracements so beliebt im Trading?

Fibonacci Retracements sind mehr als nur hübsche Linien im Chart – sie verbinden Mathematik mit Marktpsychologie. Deshalb gelten sie für viele als eines der zuverlässigsten Werkzeuge in der technischen Analyse.

Der Grund liegt in der Herkunft: Die Fibonacci-Zahlenreihe taucht in der Natur überall auf – in Blütenblättern, Schneckenhäusern oder sogar Galaxien. Beeindruckend, oder? Diese natürliche Harmonie überträgt sich auch auf die Märkte: Kursbewegungen folgen erstaunlich oft den rund 38,2 %, 50 % oder 61,8 %-Levels, die aus dieser Zahlenreihe hervorgehen.

Besonders entscheidend: Diese Linien funktionieren nicht, weil sie magisch sind – sondern weil extrem viele Trader darauf achten. Das macht sie zu sich selbst erfüllenden Prophezeiungen. Je mehr Menschen auf ein Level warten, desto wahrscheinlicher wird dort eine Kursreaktion.

Wie funktioniert ein Retracement auf dem Chart ganz konkret?

Technisch ist das Ganze einfacher als es klingt. Du nimmst einen signifikanten Trend – etwa ein neues Hoch nach einem Schwung vom Tief – und zeichnest mithilfe des Fibonacci-Tools die Strecke im Chart nach. Deine Handelsplattform wirft Dir dann automatisch horizontale Linien auf die Prozent-Level.

Diese Level – insbesondere 38,2 %, 50 % und 61,8 % – gelten fortan als potenzielle Unterstützungs- oder Widerstandsbereiche. Aber Achtung: Hier geht es nicht um exakte Preiswerte, sondern um grobe Zonen. Wer zu pedantisch auf eine Linie pokert, wird schnell ausgestoppt.

Ein echtes Beispiel gefällig? Ich erinnere mich an einen Trade im DAX: Nach einem starken Anstieg trat eine Korrektur ein – der Kurs sackte fast punktgenau auf das 50 %-Level zurück. An genau dieser Stelle setzte neues Kaufinteresse ein. Wer den Mut hatte einzusteigen, konnte in den Folgetagen beeindruckende Gewinne mitnehmen – sofern man mit einem vernünftigen Stop-Loss arbeitete.

Wie erkennt man ein Retracement im Unterschied zu einer echten Trendumkehr?

Hier liegt einer der größten Stolpersteine für Trader – besonders für Anfänger. Denn auf den ersten Blick sehen Retracement und Trendumkehr oft gleich aus: Der Kurs läuft gegen den bisherigen Trend. Doch wenn Du genauer hinschaust, entlarvt sich ein Rücksetzer durch fehlende Strukturveränderung. Es fehlen die entscheidenden „Bauklötze“, die einen echten Trendwechsel ausmachen.

Die einfache Regel lautet: Ein Retracement bricht weder die Reihe höherer Hochs bei einem Aufwärtstrend noch die tieferen Tiefs bei einem Abwärtstrend. Der Preis macht einfach kurz Pause – mehr nicht. Erst wenn diese Struktur durchbrochen wird, läuten die Alarmglocken für eine Trendumkehr.

Mit Hilfe von Indikatoren wie dem RSI oder gleitenden Durchschnitten kannst Du zusätzlich verifizieren, ob der Markt lediglich korrigiert oder sich tatsächlich dreht. So handelst Du fundiert statt impulsiv – und vermeidest teure Fehlentscheidungen.

Wie lassen sich Fibonacci Retracements sinnvoll im Trading einsetzen?

Besonders wirkungsvoll sind Fibonacci-Retracements in trendstarken Phasen. Dort bilden sie eine Art Navigationssystem für den Trader-Alltag. Wenn Du einen starken Kursverlauf siehst – zum Beispiel bei Bitcoin oder einer Tech-Aktie – und eine Korrektur einsetzt, helfen Dir die Fibonacci-Zonen dabei, genau die richtigen Preisbereiche für Einstiege zu erkennen. Das bietet ein enormes Potenzial, vor allem beim Trailing Stop für Anfänger, die systematisch vorgehen möchten.

Nehmen wir wieder das Beispiel Bitcoin: Nach einem Anstieg von 25.000 $ auf 30.000 $ könnte eine Korrektur auf das 38,2 %-Level bei 28.500 $ ein attraktiver Punkt sein, um auf ein neues Hoch zu spekulieren. Wichtig dabei: Warte nicht blind auf das Level. Beobachte, ob das Volumen steigt, ob sich ein RSI-Tief bildet oder auf höheren Zeiteinheiten ein Einstiegssignal blinkt. Nur dann ergibt sich ein echtes Setup mit Substanz.

Im Seitwärtsmarkt hingegen reduzieren sich die Erfolgschancen radikal. Dort fehlt dem Markt der „Drive“, den die Fibonacci-Zonen benötigen. Signale verpuffen, und der Trader hechelt Einstieg nach Einstieg vergeblich hinterher. In solchen Phasen lieber die Finger von Fibonacci lassen – oder zumindest ganz, ganz vorsichtig sein.

Wie hängt Fibonacci mit anderen Analysewerkzeugen zusammen?

Ein Retracement allein macht noch keinen Trade. Erst wenn Du es im Zusammenhang mit anderen Tools betrachtest, wird daraus eine valide Strategie.

Trendlinien sind zum Beispiel Gold wert: Wenn eine Fibonacci-Zone exakt auf eine bestehende Trendlinie trifft, erhöht sich die Aussagekraft deutlich. Auch ein hoher Handelsumsatz (Volumen) kann ein wichtiges Warnsignal oder eine Bestätigung sein – je nachdem, ob der Markt das Level ernst nimmt oder ignoriert.

Gleitende Durchschnitte – wie der EMA21 oder SMA50 – helfen Dir zusätzlich, die jeweilige Marktrichtung zu erfassen. Und der RSI? Fast schon ein Klassiker: Wenn sich eine überverkaufte Situation genau auf einem Fibonacci-Level zeigt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für eine Gegenbewegung deutlich.

Die Wahrheit ist: Kein Indikator funktioniert allein. Aber wenn mehrere Faktoren aufeinander treffen – Fibonacci, Volumen, RSI, Trendlinie – dann hast Du plötzlich ein kraftvolles Setup in der Hand, das echtes Vertrauen in Deinen Trade bringt.

Wie sieht ein typischer Fibonacci-Trade in der Praxis aus?

Lass uns das mal konkret machen. Stell Dir vor, die Tesla-Aktie erlebt im Wochenverlauf einen ordentlichen Aufschwung – von 200 $ auf 260 $. Plötzlich sackt der Kurs auf etwa 232 $ zurück. Das entspricht knapp dem 50 %-Retracement.

Du analysierst den RSI – und erkennst ein klares Zeichen von Überverkauftheit. Gleichzeitig zieht das Volumen an. Was tun? Du setzt eine Buy Order rund um 232 $ fest, der Stop-Loss liegt bei 225 $. Als Ziel wird das frühere Hoch bei 260 $ angepeilt.

Das Schöne: So ein Setup folgt keiner wilden Spekulation, sondern basiert auf sauberen Analysebausteinen. Chancen-Risiko-Verhältnis? Etwa 1:3 – solide. Selbst wenn der Trade nicht aufgeht, weißt Du: Du hast nach einem System gehandelt, nicht nach Gefühl. Und genau das trennt langfristig erfolgreiche Trader von planlosen Zockern.

Was sind die größten Vorteile und Risiken beim Einsatz von Retracements?

Fibonacci im Trading zu verwenden bringt viele Vorteile mit sich:

  • Leicht zu erlernen – besonders nützlich für alle, die neu im Chartlesen sind
  • Mathematisch fundiert – kein Hokuspokus, sondern erprobte Logik
  • Vielseitig einsetzbar – ob Kryptowährungen, Blue-Chip-Aktien oder Devisen
  • Orientierung in bewegten Zeiten – besonders in starken Trendphasen goldwert
  • Toller Baustein im Tool-Mix – mit anderen Analysen kombiniert entfaltet es seine wahre Stärke

Aber es gibt auch klare Risiken – und die sollte man eben nicht ausblenden:

  • Keine Punktlandungen – die Level sind Zonen, keine Garantien
  • Fehlentscheidungen durch falsche Trendprojektionen
  • Unbrauchbar in trägen Seitwärtsmärkten
  • Verführung zum Tunnelblick – manche Trader starren nur aufs Level, ignorieren jedoch das Marktumfeld

Ich habe genug Trader gesehen, die sich blindlings auf ein 38,2 %-Level verlassen haben – in der Hoffnung, der Markt würde reagieren. Tat er nicht. Und plötzlich war der Trade weg – ausgestoppt, frustriert, um eine Erkenntnis reicher. Deshalb: Retracements sind nicht der heilige Gral – aber sie sind ein wertvolles Werkzeug, wenn man sie im Kontext versteht.

Was solltest Du praktisch beachten, wenn Du mit Retracements arbeitest?

Hier sind ein paar Tipps aus eigener Erfahrung – und sie haben mir schon oft das Depot gerettet:

  • Nur in klaren Trends arbeiten – ohne Richtung ist jeder Rücklauf haltlos
  • Achte auf aussagekräftige Hoch- und Tiefpunkte beim Anlegen des Tools
  • Sieh die Level als Ankerpunkte – nicht als exakte Marken
  • Übung macht den Trader – schnapp Dir einen Demozugang und übe so lange, bis Du die Zonen blind findest
  • Stop-Loss diszipliniert setzen – ein gutes Risiko-Management schützt vor bösen Überraschungen
  • Kapitalrisiko stets im Blick behalten – riskiere pro Trade nur 1 bis 2 % Deines Depotvolumens

Ein letzter praktischer Tipp: Retracement-Levels funktionieren übrigens nicht nur im Intraday-Trading. Auch bei langfristigen Investments – zum Beispiel in ETFs – liefern sie starke Hinweise auf sinnvolle Kaufzonen oder Teilverkaufsstrategien.

Was lernst Du aus all dem? Nur Linien – oder echte Chancen?

Ein Retracement ist nicht bloß eine grafische Anzeige auf Deinem Bildschirm – sondern eine echte Einladung, tief in die Struktur des Marktes einzutauchen. Es geht nicht nur ums Prozentrechnen – es geht darum, das Verhalten der Masse zu verstehen und gezielt darauf zu reagieren.

Wenn Du begreifst, dass Fibonacci kein Orakel ist, sondern ein Werkzeug, das Dir bei durchdachter Anwendung Sicherheit gibt, wirst Du damit Stück für Stück souveräner. Denn in genau diesen Rückläufen stecken oft die besten Chancen – weit weg vom Getümmel der Panikverkäufe. Du musst nur lernen, hinzusehen, wenn andere wegschauen.

Mein Rat: Mixe Fibonacci wie ein Gewürz – mit anderen Zutaten wie Volumen, RSI oder gleitenden Durchschnitten. So entsteht ein Rezept, das Dir nicht nur schmeckt, sondern strategisch auch funktioniert.

Was bleibt, ist Deine Entscheidung: Siehst Du Retracements weiter als störende Rückläufer – oder lernst Du, sie als geheime Einstiegstüren zu nutzen?

Denn genau dort – im Rücklauf – liegt oft der eigentliche Schlüssel zu einem erfolgreichen Trade.

FAQ zum Thema Retracement

Was ist der Unterschied zwischen einem Retracement und einer Trendumkehr?

Ein Retracement ist wie ein kurzes Verschnaufen im Aufstieg. Der Markt atmet durch, bevor er wieder durchstartet. Eine Trendumkehr dagegen ist ein echtes Umdrehen – als würde der Kurs sich entscheiden, in eine ganz neue Richtung zu marschieren. Das merkst Du meist daran, dass alte Strukturen brechen und neue Tiefs (bei Aufwärtstrends) oder Hochs (bei Abwärtstrends) entstehen.

Kann jedes Retracement als Einstiegssignal genutzt werden?

Nein, nicht jedes. Viele Trader machen den Fehler, bei jedem Rücklauf blind einzusteigen – vor allem Anfänger. Dabei fehlt oft die Bestätigung: Kein Volumen, keine klare Trendstruktur, kein RSI-Signal. Nutze Fibonacci nie in Isolation. Erst wenn mehrere Dinge passen, entsteht ein Setup, bei dem sich das Risiko wirklich lohnt.

Wie zuverlässig sind Fibonacci-Retracements?

Es kommt auf den Markt und den Kontext an. Fibonacci funktioniert überraschend oft – aber eben nicht immer. Der psychologische Trigger dahinter ist stark, weil so viele es nutzen. Doch verlasse Dich nicht blind darauf: Kombiniere Fibonacci mit technischer Analyse, dann bekommst Du ein solides Gesamtbild.

Welche Märkte eignen sich besonders für Retracements?

Retracements fühlen sich in Trendmärkten pudelwohl. Forex, Aktien, Kryptos – überall dort, wo Dynamik herrscht, schlagen die Levels oft zuverlässig an. In problematischen Seitwärtsphasen allerdings ist die Trefferquote mager – weil der Markt schlicht keine Richtung hat, an der sich das Tool orientieren könnte.

Wie kombiniert man Retracements am besten mit anderen Indikatoren?

Die perfekte Mischung macht’s: Fibonacci als Basis, dazu RSI, der überverkauft ist, und ein hohes Volumen – vielleicht noch eine Trendlinie, die dasselbe Niveau berührt. Zack – Du hast ein Setup, das Hand und Fuß hat. Verlasse Dich nie auf einen einzigen Indikator. Eine solide Analyse braucht mehrere Blickwinkel – genau wie ein Puzzle mehrere Teile braucht, bis es vollständig ist.

Erik Freutel

Mein Name ist Erik Freutel, Gründer von InsideTrading.de. Hier schreibe ich als Börsenbegeisterter über meine Erfahrungen als Trader, Investor und Wirtschaftsmathematiker.